Samstag, 24. September 2016

Das christliche Ostern hat uralte germanisch-heidnische Wurzeln

Ostern ist germanischen Ursprungs und älter als das Christentum. Es fällt immer auf den ersten Sonntag nach dem Vollmond, der auf die Frühlings-Tag-und-Nachtgleiche folgt. Es ist das alte heidnische Frühlingsfest, feierten unsere naturverbundenen Vorfahren doch ihre Feste im Jahreslauf so, wie sie sich aus dem Naturgeschehen ergaben. Damit ist erklärt, warum Ostern – im Gegensatz zu den Sonnenwenden und damit auch Weihnachten – jedes Jahr an einem anderen Datum begangen wird.

Woher der Name kommt, wird unterschiedlich gedeutet. Sicher hängt er zusammen mit der Bezeichnung „Osten“, denn in dieser Himmelsrichtung geht für die Menschen unseres Lebensraumes die Sonne auf. Und gerade im Frühling wird ja das nun wieder wärmer strahlende Sonnenlicht nach der langen Zeit der Kälte und Dunkelheit als lebensspendende Kraft besonders herbeigewünscht und begrüßt. Andere vertreten die
Meinung, daß der Name von der Frühlingsgöttin Ostara kommt.

Die Bräuche der Faschingszeit zeigen uns den Kampf zwischen Winter und Sommer/Frühling, den naturgemäß der Frühling gewinnt. Zum Abschluß wird der Winter als Hexe oder Strohpuppe (Stroh als Sinnbild des Toten) ausgetrieben, ertränkt oder verbrannt. Das Leben kann wieder erblühen.

Die Feuer, die am Funkensonntag (dem Sonntag nach Fasching) auf den Bergen auflodern, sollen das Alte, Morsche vertilgen und reinigend wirken. In den verschiedenen – deutschen Landschaften werden sie an unterschiedlichen Tagen abgebrannt bis hin zu den Osterfeuern. In manchen Gegenden rollen die Osterräder von den Bergen. Der bekannteste Ort, in dem dieser Brauch auch heute noch geübt wird, ist Lügde in Westfalen. Von den Feldern, über die die Räder rollen, verspricht sich der Bauer eine besonders gute Ernte.

Neben dem Feuer spielt auch das Wasser in all unseren Bräuchen eine wesentliche Rolle. Die drei Nornen sitzen am Lebensquell und bestimmen die Geschicke. In vielen unserer alten Märchen finden wir den Brunnen, das Wasser des Lebens u.ä. In der christlichen Kirche wird das Wasser als Tauf- und Weihwasser in die Rituale einbezogen.

Zu Ostern ziehen frühmorgens die Mädchen aus, um aus einer Quelle das heilkräftige Osterwasser zu holen, das auch Schönheit verspricht. Dies muß jedoch unter Schweigen geschehen. Die Burschen versuchen, durch allerlei Possen die Mädchen zum Lachen und damit um die Wirkung des Osterwassers zu bringen. Vielerorts werden auch die Brunnen mit grünen Zweigen und Eiern festlich geschmückt. Das Lärmbrauchtum finden wir schon zu Beginn des Jahres im „Dreikönigsschießen“ und im Peitschenknallen, das vor allem im Fasching häufig geübt wird. Es soll, wie auch die vielen Schellen an den überlieferten
Narrengewändern der schwäbischalemannischen Fasnet und der Alpengegenden, die noch schlafende Natur wecken. Es ist Zeit, daß das Leben wieder aus der Erde sprießt.

Die schlafende Natur wird geweckt.

Für die Katholiken fliegen am Karfreitag die Glocken nach Rom. Während ihrer Abwesenheit geschieht die notwendige Zeitansage heute noch vielerorts durch die „Ratschenbuben“ – Jungen, die mit Holzklappern und -rasseln einen oft erheblichen Lärm erzeugen.

Der Lebensbaum ist für den germanischen Menschen eines der wichtigsten Sinnbilder, zurückgehend auf die Weltenesche Yggdrasil. Neben vielerlei Darstellungen in der Volkskunst kennen wir ihn als Maibaum und als Weihnachtsbaum. Zu Ostern tritt er in Gestalt der ersten blühenden und grünenden Zweige auf im Osterstrauß, der mit kunstvoll verzierten Eiern geschmückt ist, im Osterbaum und den „Palmen“, den Zweigen des Grünen Sonntags.

Weg mit den Schlacken des Winters.

Bezeichnenderweise werden z.B. in Österreich vielfach die Salweidenkätzchen „Palmkätzchen“ genannt, weil sie im „Palmstrauß“ als die zuerst blühenden Zweige Verwendung finden. – Diese heute von der Kirche geweihten Zweige, oft mit bunten Eiern oder Sinnbildgebäck (Brezeln) geschmückt, werden das ganze Jahr über aufbewahrt und sollen in Haus und Hof Segen bringen und Unglück verhüten. Doch werden sie auch auf die Gräber der Verstorbenen getragen – war doch unseren Vorfahren die Ahnenverehrung selbstverständlich. In manchen Gegenden findet man heute noch übermannsgroße
„Palmen“ aus Buchsbaum und Eiern an den Türen der Häuser.

Im Frühling müssen die Schlacken des Winters abgebaut, der Körper gereinigt werden. Viele Menschen unterziehen sich nun einer Entschlackungs- und Blutreinigungskur. Auch das Haus wird gelüftet, der Osterputz steht an. Die bekannte Frühjahrsmüdigkeit kann durch den Genuß der nun endlich wieder verfügbaren frischen Kräuter mit ihren Vitaminen und Heilstoffen überwunden werden. Dem wird in den altüberlieferten Speisen des Gründonnerstags Rechnung getragen.

Die bekanntesten Sinnbilder der Osterzeit sind das Osterei und der Osterhase, beides
Fruchtbarkeitssymbole. Das Ei ist die Quelle des Lebens überhaupt. Die Ostereier wurden früher ausschließlich rot gefärbt, der Farbe des Lebens, des Blutes und der Liebe, die wir daher auch als Hauptfarbe in den überlieferten Trachten und volkskundlichen Stickereien finden. Der Lebensbaum der Volkskunst wächst vielfach aus dem roten Herz, den beiden ineinander verschlungenen Ringen (die heute noch Symbol der Ehe sind) oder der Vase mit dem Lebenswasser.

Es ist eine schöne Sitte, die Eier zu verzieren und besonders die roten mit Sprüchen zu versehen und dem Liebsten zu schenken. Liebevoll wurden sie in vielerlei kunstvollen Techniken gefärbt und verziert.

Mit dem Osterei werden auch Wettspiele durchgeführt. Bei den Kindern beliebt ist das Eierpicken, Eierlaufen über verschiedene Hindernisse u.ä. Hierbei handelt es sich wohl wie auch bei vielen Kindertänzen um altes, nur noch im Kinderspiel erhaltenes Kulturgut.

In dieser Zeit rüstete sich bei den Germanen die Jungmannschaft zum Auszug aus der alten Heimat, wenn der Platz eng geworden war, um in der Fremde neuen Lebensraum zu gewinnen. Auf dieser gefahrvollen Fahrt ins Ungewisse konnten nur die Tüchtigsten überleben. Kraft und Stärke, dazu schnelles Reaktionsvermögen und Erkennen der Lage waren dafür lebenswichtige Voraussetzungen. Bei diesen Wettkämpfen wurde die Auslese für den Zug getroffen.

Der Hase und die Fruchtbarkeit.

Vom Hasen ist bekannt, daß er zahlreiche Junge zur Welt bringt (Jemand „vermehrt sich wie die Kaninchen“). Damit ist auch er Sinnbild der Fruchtbarkeit und des Lebens. Gerade im Frühling werden die jungen Tiere geboren (Lämmer, Küken, Kaninchen…). Um Ostern herum kann man viele Feldhasen über die Äcker hoppeln sehen – der Osterhase ist unterwegs.

In manchen deutschen Landschaften finden wir zu Ostern das Schlagen mit der Lebensrute, das in Ost- und Westpreußen „Schmackostern“ genannt wurde. Zum einen besuchten die jungen Burschen die Mädchen und schlugen sie mit Wacholderzweigen, zum anderen zogen die Kinder in Heischeumzügen mit den grünen Zweigen zu den Bauern und erhielten dafür Eier und Kuchen. Das Osterfest wurde früher über mehrere Tage gefeiert wie alle wichtigen Feste im Jahreslauf. Heute ist
davon noch der Ostermontag als Feiertag erhalten.

Die Osterzeit beginnt am Grünen oder „Palm“-Sonntag. Am Gründonnerstag wird das erste frische Gemüse (Spinat, Scharbockskraut, Löwenzahn…) gegessen oder Suppe aus siebenerlei- oder neunerlei Kräutern. Auch in den besonderen Speisen, die in verschiedenen Gegenden an diesem Tag gebräuchlich sind, sind Kräuter oder Gemüse enthalten. Der Donnerstag, der seinen Namen vom germanischen Gott Donar = Thor hat, ist oft ein besonderer Tag: mit dem Donnerstag beginnt das närrische Treiben im Fasching, Fronleichnam (die Prozessionen gehen auf vorchristliche Flurumzüge zurück) und „Christi Himmelfahrt“ werden an Donnerstagen gefeiert.

Die Kraft der eigenen Wurzeln.

Am Ostersonntag wird in der Früh das Osterwasser geholt, die Kinder suchen die Ostereier. Die Familie macht den durch Goethe bekannten „Osterspaziergang“, um endlich nach dem langen kalten Winter so richtig die warme Sonne und die Bewegung im Freien zu genießen.

In der heutigen Zeit ist oft nicht mehr viel vom alten Brauchtum erhalten. Die Menschen in der Stadt haben den Bezug zur Natur und damit zum Sinngehalt der Bräuche verloren. Erst wenn ein Volk seine Geschichte, seine Herkunft und damit auch die Wurzeln seines Volkstums vergißt, ist es besiegt, dann kann der manipulierbare Einheitsmensch entstehen. Aber wer noch das Bekenntnis zu Art und Volk im Herzen trägt, mag es auch verschüttet und unerkannt sein, findet immer wieder die Kraft, zu sich selbst und seiner eigenen Art zu finden.

(Edda Schmidt)

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